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Schriftzug: Bürgerprojekt Flückigersee

[Presse]

Flückiger See: Suche nach der optimalen Lösung

Projekte aus anderen Baggerseen nicht unbedingt übertragbar

25. April 2001

Der Flückiger See droht ökologisch umzukippen. Gründe dafür sind die dicke Schlammschicht auf dem Grund und der Sauerstoffmangel in den tieferen Wasserschichten, die sich gegenseitig bedingen. Die Probleme des Freiburger Gewässers sind kein Einzelphänomen: Rund zwei Drittel aller Baggerseen in der Oberrheinebene sind von Sauerstoffmangel betroffen. Anderswo bereits umgesetzte Lösungen bieten für den "Flückiger" zwar kein Patentrezept, liefern aber wichtige Anregungen.
Der Flückiger See befindet sich in einem gefährlichen Kreislauf: Der Nährstoffreichtum fördert das Wachstum von Plankton, Algen und Fischen. Diese produzieren zusammen mit zahlreichen Wasservögeln und Badegästen organisches Material, das auf den Seegrund sinkt und immer mehr Schlamm bildet. Bei der Zersetzung verbraucht der Schlamm Sauerstoff und erhöht den Nährstoffgehalt. Den Kreislauf beschleunigt die Beschaffenheit des "Flückiger": Ein stehender Grundwassersee ohne Zufluss, der dazu noch intensiv genutzt wird, weil er im Stadtgebiet liegt. All diese Faktoren beschleunigen den "natürlichen" Alterungsprozess von Baggerseen, sobald kein Kies mehr gefördert wird - am Flückiger wurde seit Abschluss der Arbeiten für die Landesgartenschau 1986 nicht mehr gegraben.
In Zusammenarbeit mit dem "Bürgerforum Flückinger See" und Experten der Landesanstalt für Umweltschutz soll jetzt das Umweltschutzamt ein Sanierungskonzept herausarbeiten und dem Gemeinderat Ende des Jahres zur Entscheidung vorlegen.
Bei ähnlichen Problemen an anderen Baggerseen ist dieser Entscheidungsprozess bereits abgeschlossen. Beispielsweise der Sieben-Erlen-See in Karlsdorf-Neuthard in der Nähe von Karlsruhe. Den fehlenden Sauerstoff in tieferen Wasserschichten liefert die Gemeinde in einem Pilotprojekt: Mit Hilfe eines schwimmenden Pontons in der Mitte des Sees wird das Tiefenwasser hochgepumpt und mit reinem Sauerstoff angereichert. Dieser kommt von einem Sauerstoffkonzentrator am Ufer, den eine Umkircher Firma für Medizintechnik eigens dafür konstruiert hat. Seit der Inbetriebnahme im Januar dieses Jahres kann die Gemeinde erste Erfolge aufweisen, wie Peter Münch, Umweltbeauftragter in Karlsdorf-Neuthard, berichtet: "Die Euphorie der ersten Stunde war berechtigt. Aussagen zur Pflanzen- und Tierwelt sind noch zu früh, doch die Messungen des Sauerstoffgehalts sind sehr vielversprechend." Sie näherten sich dem Normalniveau an, so Münch.
Seither fragen zahlreiche Nachbargemeinden in Neuthard an. Ein Pluspunkt ist sicher nicht nur die Effektivität, auch die Kosten des Projekts überzeugen: Mit 40'000 Mark für die Anschaffung plus 7000 Mark jährlich für Strom benötigt die Konstruktion weit weniger als eine herkömmliche Tiefenwasserbelüftungsanlage, die etwa 400.000 Mark verschlingt.
Lässt sich das Modell nicht vom Sieben-Erlen-See auf den Flückiger übertragen, ohne langen Entscheidungsprozess? "Wir sind Modellprojekten gegenüber immer offen und freuen uns, wenn einer den ersten Schritt macht", so die Reaktion von Ralf Hufnagel, Sprecher des Bürgerforums Flückiger und Mitarbeiter der Ökostation Freiburg. Doch die Frage stelle sich so gar nicht: "Trotz der Ähnlichkeit muss für jeden See einzeln eine optimale Lösung erarbeitet werden. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, die bei jedem See anders sind. In der Untersuchung, die dieses Frühjahr anläuft, sind etwa chemische Zusammensetzung des Schlamms, Aufbau der Nahrungspyramide, Ufer- und Grundbeschaffenheit zu klären." Bei den Untersuchungen der Baggerseen bekommen Gemeinden und Bürgergruppen durch Experten und technisches Gerät der Landesanstalt für Umweltschtz in Karlsruhe (LfU) wichtige Hilfestellung. Einer von ihnen, der Gewässerbiologe Hartmut Vobis, teilt die Meinung von Hufnagel: "Jedes Sanierungskonzept bedarf einer intensiven Untersuchung."
Bei der Suche nach geeigneten Lösungen helfen sicher nicht nur die positiven Erfahrungen in Karlsdorf-Neuthard, sondern auch negative wie am Heidesee in Forst, in der Nähe von Bruchsal: Dort ist eine teure Tiefenwasserbelüftungsanlage installiert, die dauerhaft betrieben werden muss, weil der See nicht mehr anders kann. Oder das extrem kostenaufwändige Abpumpen von Schlamm an den Seen in Mecklenburg-Vorpommern, das keinerlei Verbesserungen erzielt hat. Vobis beschreibt dies so: "Das sind mittelfristige Therapiemaßnahmen. Uns geht es um eine grundlegende Sanierung. Dazwischen ist ein großer Unterschied."

Peter Martens

aus der Badischen-Zeitung vom BZ, 25.04.2001
Homepage: http://www.badische-zeitung.de