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Schriftzug: Bürgerprojekt Flückigersee

[Presse]

SWR4-Bericht zum Elektrofischen

vom 15. Juli 2002, 16.40 Uhr

SWR: Heute Vormittag; Flückigersee, es gießt in Strömen. Insofern auch keine Gefahr durch Stromstöße für Badegäste. Trotzdem: Warum fährt da heute ein Boot herum, das den See und seine Bewohner mit Elektroschocks traktiert? Was hat der See denn für Probleme, die das rechtfertigen. Ralf Hufnagel vom Leitungsteam der Ökostation:

Motorboot beim "Elektrofischen"
Motorboot beim "Elektrofischen"

Ralf Hufnagel: Ein Grundproblem ist die Nährstoffsituation des Sees. Es gibt dort relativ viele Nährstoffe und da ist insbesondere der Phosphor ein wichtiger Aspekt. Die Algen brauchen den Phosphor zum Wachsen und wenn es in einem See zu viel Phosphor gibt wachsen natürlich die Algen sehr gut und vermehren sich. Wenn sie dann aber absterben und zu Boden sinken und zersetzt werden, dann verbraucht das sehr viel Sauerstoff und dieser Sauerstoff wird dem Wasser entzogen, was dazu führt, das dann eben auf dem Seegrund und darüber kein Sauerstoff mehr vorhanden ist.

SWR: Was in letzter Konsequenz zum Umkippen des Sees führen kann. Deshalb wird untersucht, ob das Verhältnis von algenfressenden Fischen und Algen im biologischen Gleichgewicht ist. Auf zum Ort des Geschehens. Im nahen Uferbereich fährt ein Boot, 4 Mann an Bord, einer holt mit einem Käscher Fische heraus. Die werden angeschaut, dann wird notiert was für ein Fisch es ist und wie groß er ist. Wie funktioniert das Elektrofischen? Hans Julius Troschel von der Firma Limnofisch:

Hans Julius Troschel: Elektrofischerei ist eine Methode zur Bewertung der Fischbestände in dem man elektrischen Strom ins Wasser leitet dadurch die Fische betäubt. Sie werden dann entnommen, nach Arten und Größen bestimmt und alles wird protokolliert.

SWR: Strom mit 600 Volt fließt zwischen dem Boot und einem Käscher im Umkreis von 10 m. Strom im Wasser – da lernt doch eigentlich jedes Kind schon, dass das tödlich ausgehen kann. Auch für Fische, Enten oder Schildkröten im Flückigersee?

Troschel: Wir könnten die Fische mit der Methode durchaus umbringen. Aber wenn man sie behutsam und kurz anwendet sind sie nur betäubt und so bald der Strom nicht mehr fliest schwimmen sie sofort wieder weg. Wir haben schon Zwergtaucher in der Nähe von einer Elektrode wo der Strom fliest am Boot gehabt. Die sind weg geschwommen. Wahrscheinlich haben die ein Luftpolster um sich. Schildkröten reagieren eigentlich sehr träge und überleben das. Wir haben auch schon einige Schildkröten gefangen und auch Ringelnattern. Denen macht das offenbar nicht so viel aus, weil die eine natürliche Isolation haben.

SWR: Klingt ungefährlich, und nach Augenschein schwimmt auch nichts kieloben im Wasser, scheint also alles gut zu gehen für die Fische. Warum zählt man die Fische aber nicht schmerzloser, indem nur mit Netzen gefischt wird statt mit Strom?

Troschel: Die Netzfischerei ist eine passive Fischmethode das heißt die Fische schwimmen selber in stehende Netze rein. Wir bewegen uns mit dem Elektrokäscher und können individuelle Standorte abfischen. So z.B. die Uferbereiche wo wir keine Netze setzen können und auch in den strukturreichen Strauch- und Baumgebieten.

SWR: Die Daten aus Netzfischerei, Elektrofischerei und das Befragen von Anglern soll dann ein Bild ergeben, das aussagt, ob das ökologische Gleichgewicht zwischen Fischen und Algen im See noch besteht. Dann kann entsprechend reagiert werden – entweder Fische entfernen, oder bei zuviel Algen, neue Fische in den See bringen, die die Algen fressen und damit letztendlich ein Umkippen des Sees verhindern. Oder zu große Fische, die den See verschmutzen, entfernen. Also alles ökologisch durchaus sinnvoll – auch das Elektrofischen. Verwunderung trotzdem beim Bürgerforum Flückiger See, das sich um dessen Erhalt und Wohlergehen kümmert. Dort hat man erst am Freitag erfahren, was hier gemacht werden soll. Franz Musch vom Bürgerforum hält nichts von der Methode, mit Strom zu fischen:

Franz Musch: Wenn man eben wüsste, wie das im einzelnen vor sich geht, dann könnte man sich auch zum Beispiel beim Regierungspräsidium rechtzeitig mit einbringen und sagen, dass meiner Meinung nach die Elektrofischerei der falsche Weg ist. Es gibt andere Möglichkeiten. Es gab einfach keine Diskussion darüber und es muss auch die Ökostation rechtzeitig informiert werden. Freitag Mittag war zu spät. Da erreicht man überhaupt niemand. Selbst wenn ich am Freitag Mittag erreicht worden wäre, hätte ich ja nichts mehr unternehmen können. Herr Leser vom Gartenamt war nicht informiert und der Herr Herr vom NABU war auch nicht informiert. Die haben das alles heute früh erst auf dem Schreibtisch gehabt.

SWR: Man hätte eben gerne gewusst, was hier am See vor sich geht und fühlt sich beim Bürgerforum übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Genehmigung fürs Elektrofischen kam vom Regierungspräsidium, die Information darüber an das Bürgerforum wohl erst am Freitag Nachmittag. Das Regierungspräsidium hätte zwar das Bürgerforum früher informieren können, muss dies aber nicht tun. Das meint auch Ralf Hufnagel von der Ökostation:

Ralf Hufnagel: Das jetzt konkret heute diese Elektrofischgeschichte lauft, da sind auch wir von der Ökostation erst Freitag Mittag informiert worden. Natürlich wäre es sinnvoll gewesen die Öffentlichkeit rechtzeitiger zu informieren, dann wäre das jetzt nicht so überstürzt gekommen. Einige Leute vom Bürgerforum waren sehr erstaunt, weil sie davon nichts gewusst haben.


SWR4-Interview vom 15. Juli 2002 (Homepage: http://www.swr4.de)

Link:
Bericht von der Badischen Zeitung zum selben Thema