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Schriftzug: Bürgerprojekt Flückigersee

[Presse]

SWR 4-Bericht über den Baggersee-Workshop "wenn der Baggersee krank ist ..."

vom 1.7.2002, 16:40 - 16:50 Uhr, als MP3-Datei

Vorspann:
Baggerseen gehören gerade jetzt im Sommer zu den beliebtesten Freizeit und Erholungsorten. Aber die vielfältige Nutzung und die Lage der Seen in unterschiedlichen Grundwasserlandschaften beeinflusst auch den Zustand der Gewässer. Naturschutz, Gemeinden und Bürgerinitiativen kümmern sich nun vermehrt um die Baggerseen, um sie für die Zukunft zu erhalten. Am 29. Juni 2002 luden die Ökostation Freiburg und die Landesanstalt für Umweltschutz zu einem Infonachmittag ein, um über ihre Arbeit und die Möglichkeiten zur Sanierung der Baggerseen zu berichten.

Andi Willken (SWR):
Gut ein Viertel der Seen in der Region sind durch Nährstoffe überbelastet, zwei Dritteln fehlt der Sauerstoff im Tiefenwasser. Ingo Kramer vom Badischen Landesfischereiverband.

Ingo Kramer (Landesfischereiverband Baden):
Ein Beispiel ist der Flückigersee hier in Freiburg, der unter einer Tiefe von 6-8 Meter keinen Sauerstoff mehr hat bis in 17 Meter Tiefe. Er hat 4 Meter Schlammschicht in den tiefen Bereichen und da ist dringend Handlungsbedarf geboten. Nur der See ist mit einer Fläche von 10 ha relativ groß. Das ist für einen kleinen Angelverein nicht machbar da muss die Gemeinde, die Stadt helfen und da ist man ja inzwischen dran ein Sanierungskonzept zu erarbeiten.

Andi Willken (SWR):
Und zu diesem Zweck hat die Stadt Freiburg Gelder bereitgestellt um in den kommenden Monaten den Zustand des Flückiger Sees genau zu überprüfen. Ralf Zähringer vom Umweltschutzamt Freiburg.

Ralf Zähringer (Stadt Freiburg, Umweltschutzamt):
Also wir sind im Moment in der Erhebungsfase, ein Gutachten soll uns herausarbeiten, welches die optimalen Maßnahmen für den Flückigersee sind. Für die Zukunft haben wir dafür rund 100.000 Euro bereitgestellt, für diese Untersuchungen in den nächsten zwei Jahren und wir werden dann im Folgenden wahrscheinlich feststellen müssen, welche Maßnahme jetzt die Zielführende ist für diesen See speziell.

Andi Willken (SWR):
Mit einbezogen in die Untersuchung ist auch das Bürgerprojekt Flückigersee, das im Oktober 2000 mit einem ersten Bürgerforum startete. Das Projekt wird vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert und engagiert sich für den Erhalt des bedrohten Gewässers. Ralf Hufnagel von der Ökostation Freiburg.

Ralf Hufnagel (Ökostation Freiburg):
Das heißt wir messen zum Beispiel die Sauerstoffkonzentration und die Temperatur, wir zählen zum Beispiel die Wasservögel und zur Zeit sind wir dabei, eine Badegast-Erhebung zu machen, das heißt wir gehen um den See und zählen alle Leute, die hier im Wasser sind oder am See als Badegäste herumliegen, denn auch Badegäste sind ein Eintragspfad für Nährstoffe da manchen doch der Weg zur Toilette zu weit ist.

Andi Willken (SWR):
Zur Sanierung des Sees kommen drei Maßnahmen in Betracht zum Beispiel die See-Belüftung, um den Sauerstoffgehalt zu verbessern. Denn oftmals ist in den Tiefenbereichen kein Sauerstoff mehr vorhanden. Das Wasser ist klinisch tot und es besteht die Gefahr, dass das sauerstofflose Wasser nach oben wandert. Noch einmal Ingo Kramer vom Badischen Fischereiverband.

Ingo Kramer (LFVB):
Man macht einmal die Zwangsdurchmischung, das heißt man mischt das sauerstoffreiche Oberflächenwasser und das sauerstofffreie Tiefenwasser und erreicht dadurch eine Sauerstoffanreicherung in allen Tiefen des Gewässers. Die andere Möglichkeit ist, dass man direkt Sauerstoff in die Tiefe einträgt ...

Andi Willken (SWR):
... was allerdings nicht ganz billig ist und beispielsweise von kleinen Angelvereinen finanziell schwer zu stemmen ist. Es sei denn, man bastelt sich selbst eine Anlage zur Seebelüftung.

Ingo Kramer (LFVB):
Der Angelverein Kippenheim die haben sich eine Anlage selbst gebaut; die saugt Tiefenwasser an die Oberfläche vermischt es mit Luftsauerstoff und führt somit zu einer Umsetzung des Wassers. Die haben sich das selbst finanziert und haben inzwischen das Patent darauf angemeldet.

Andi Willken (SWR):
Die zweite Möglichkeit besteht darin dem Wasser durch wind- und solarbetriebene Filteranlagen Schadstoffe zu entziehen. Olaf Richard von der Gesellschaft Umweltschutz Nord.

Olaf Richard (Umweltschutz Nord GmbH):
Jeder Aquarianer hat zu Hause auch ein Filter und es ist praktisch so ein Riesenfilter für ein Badesee, der Nährstoffe herausholt, also Phosphor. Phosphor ist die Grundlage, dass Algen wachsen, dass der See umkippt. Wir holen das Tiefenwasser heraus, weil sich in der Sommerzeit das Wasser schichtet. Das Tiefenwasser ist sehr nährstoffreich. Wir filtern dieses Wasser und geben das gereinigte Wasser wieder in den Tiefenbereich zurück. Das reicheren wir noch mit Sauerstoff an und die Nährstoffe bleiben in diesen Filtersystem hängen...

Andi Willken (SWR):
... was allerdings auch sehr aufwändig ist und für ein Gewässer von der Größe des Flückiger Sees viele Jahre dauern würde. Bleibt als dritte Möglichkeit noch die Biomanipulation, was sich zunächst einmal nicht ungefährlich anhört. Frank Hartmann vom Karlsruher Regierungspräsidium.

Frank Hartmann (Regierungspräsidium Karlsruhe):
Also unter Biomanipulation versteht man den Eingriff in die Lebensgemeinschaft und das macht man am besten an den Fischen, weil man die im wahrsten Sinne des Wortes greifen kann und wir sind in der Lage die Folgeketten der Nahrungskette zu beeinflussen. Wir haben die Chance, Nährstoffe aus dem Wasser zu entnehmen und die Sichttiefe zu verbessern. Dies funktioniert aber nur dann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und dazu gehören eben dass das Gewässer nicht allzu groß sein darf, auch das die Nährstoffbefrachtung nicht schon dem Ende der Fahnenstange sein darf, weil das sonst der berühmte Tropfen auf den heißen Stein ist...

Andi Willken (SWR):
...und birgt darüber hinaus auch gewisse Risiken, weil ohne eine gewissenhafte Vorrecherche der Eingriff in die Nahrungskette sich zur Lawine entwickeln könnte. Egal welches Verfahren schließlich für den Flückiger See in Frage kommt damit alleine ist es noch nicht getan. Noch einmal Ralf Zähringer vom Freiburger Umweltschutzamt.

Ralf Zähringer (UWSA):
Wir rechnen aber auch für den Opfinger See in der nahen Zukunft, wenn der Baggerbetrieb eingestellt wird, mit gewissen Problemen. Auch für den dortigen Bereich haben wir bereits Gutachten in Auftrag gegeben um die Seewasserqualität für die Zukunft zu halten.

SWR4-Interview vom 1. Juli 2002 (Homepage: http://www.swr4.de)